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Idee und Ziel des Vorhabens

Übergeordnetes Ziel des Projektes ist die Motivation und Qualifikation von älteren Menschen, insbesondere gewerkschaftlich gebundener FunktionsträgerInnen und Vertrauensleute für das nachberufliche bürgerschaftliche Engagement und der Aufbau adäquater Beteiligungsstrukturen im Gemeinwesen.

Die Umsetzung dieses übergeordneten Ziels wird insbesondere durch die Entwicklung und Erprobung von spezifischen Fortbildungsmodulen erfolgen, die durchgeführt werden, um die Teilnehmenden zu Multiplikatoren und Multiplikatorinnen für die ehrenamtliche Arbeit zu qualifizieren. In diesem Kontext werden die Teilnehmer und Teilnehmerinnen die Möglichkeit erhalten, ihr vorhandenes Erfahrungswissen und ihre Vorstellungen gezielt einzubringen.

Die Fortbildungsmodule umfassen dabei im Kern drei inhaltliche Bereiche:

  1. Erarbeitung eines sogenannten „Grundhandwerkzeugs“ für das ehrenamtliche Engagement. In diesem Kontext werden insbesondere Veranstaltungen angeboten, in denen u. a. Motivationsfragen, organisatorische und rechtliche Fragen, Aspekte der Zielgruppenansprache, die Kooperation mit den hauptamtlichen Beschäftigten sowie die Kooperation mit anderen Einrichtungen thematisiert werden. Weiterhin zählen Fragen der Öffentlichkeitsarbeit und der Mittelakquisition zu den Schwerpunkten dieser Fortbildungsveranstaltungen sowie Fragen des Aufbaus und der Begleitung von selbstorganisierten, gemeinwesenorientierten Initiativen.
  2. Ein weiterer Bereich der Fortbildungsmodule bezieht sich auf die Vermittlung von didaktisch-methodischen Kompetenzen, u. a. werden dabei folgende Fähigkeiten vermittelt: zielgruppenspezifische Aufarbeitung von Inhalten, Methodenkenntnisse für die Arbeit in Klein- und Großgruppen, Leitung von Gruppen, Gesprächsführung in Gruppen und mit Einzelpersonen, Gruppendynamik, Umgang mit unterschiedlichen Lernertypen. Daneben werden Kenntnisse darüber vermittelt, wie - insbesondere in der Arbeit mit älteren Erwachsenen - Aspekte des selbstorganisierten und informellen Lernens Berücksichtigung finden können.
  3. Darüber hinaus werden Fortbildungen zu inhaltlichen Fragen angeboten. In diesem Zusammenhang werden u. a. Sachthemen erörtert wie: Das Alter aus gerontologischer, sozialer und politischer Perspektive, Fragen des intergenerativen Dialogs, sozialpolitische Themen, Fragen der Gesundheitspolitik, des Sozialversicherungssystems, der Demokratieentwicklung und der Beteiligungsmöglichkeiten in unserer Gesellschaft.

Die erstellten Fortbildungsmodule können nach Beendigung der Modellphase sowohl von den ARBEIT UND LEBEN Einrichtungen als auch von anderen Organisationen und Institutionen verwendet werden.

Problemstellung

„Die Einbeziehung älterer Erwachsener in kontinuierliches Lernen gewinnt nicht nur unter demographischen Gesichtspunkten für den Arbeitsmarkt an Bedeutung, sondern ist angesichts des Wandels in allen Bereichen auch Voraussetzung für die Teilhabe an der Gesellschaft und ein sinnerfülltes Leben im Alter.“
(Zitat: Empfehlungen des Forum Bildung)

a) Demographischer Wandel

Die demographischen Veränderungen werden voraussichtlich in den nächsten Jahrzehnten ganz maßgeblich die gesellschaftspolitischen Diskussionen bestimmen. So wird der Anteil der älteren Menschen in den nächsten Jahren stetig ansteigen: Im Jahr 2010 werden in Deutschland über 30 % der Bevölkerung 60 Jahre und älter sein. Die Gruppe der 50 - 60jährigen wird - gemessen an der Gesamtbevölkerung - bis 2040 um mehr als 2 % zunehmen. Gleichzeitig wird die Gruppe der über 65jährigen von 20 % auf 22 % der Bevölkerung ansteigen.

Neben dem demographischen Wandel ist auch der Strukturwandel des Alters zu verzeichnen: Singularisierung und Feminisierung des Alters sowie Hochaltrigkeit und vor allen Dingen die frühzeitige Entberuflichung sind hervortretende Phänomene. Das heißt, immer mehr Menschen müssen immer früher ihren Beruf aufgeben, während gleichzeitig die durchschnittliche Lebenserwartung steigt.

Gesellschaftspolitisch stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage, wie es gelingen kann, die große Gruppe der älter werdenden Menschen weiterhin in die gesellschaftlichen Entwicklungen und ihre Erfahrungen und Kenntnisse in die zukünftigen Veränderungsprozesse einzubeziehen. Die Frage ist, welche Rollen den Älteren im Hinblick auf zukünftige gesellschaftliche Entwicklungen zugedacht werden können. „Die Zukunft unseres Sozialstaates hängt nicht davon ab, dass es gelingt, die notwendigen finanziellen Ressourcen bereitzustellen und sie effektiv einzusetzen, es wird vor allem darauf ankommen, das Leben der Menschen solidarischer zu gestalten, die gegenseitige Hilfe zu stärken und so einen Beitrag zur Teilhabe an der Entwicklung des Gemeinwesens zu leisten.“ Mit diesen Worten hat der NRW-Minister die Seniorenmesse in Nordrhein-Westfalen eröffnet und somit darauf verwiesen, dass Fragen des freiwilligen ehrenamtlichen Engagement zukünftig von zentraler Bedeutung sein werden. Die Enquete Kommission: Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements des Deutschen Bundestags hält in ihrem Bericht ( Abschnitt B3) fest, dass bürgerschaftliches Engagement als die „lebendige Seite“ des Sozialstaats verstanden werden kann.

b) Strukturwandel des ehrenamtlichen Engagements

Ebenso wie ein Strukturwandel des Alters zu verzeichnen ist, stellen wir auch einen Strukturwandel im Bereich des ehrenamtlichen Engagements fest. Während früher mit dem Begriff des ehrenamtlichen Engagements häufig Werte wie Selbstlosigkeit, Nächstenliebe und bedingungslose Einordnung in eine Hierarchie verbunden waren, stehen heute unter dem Begriff des „neuen Ehrenamts“ oder des „bürgerschaftlichen Engagements“ sehr viel stärker selbstbezogene Motive im Vordergrund. Die Ergebnisse einer vom Bundesseniorenministerium in Auftrag gegebenen Studie zeigen, dass ca. 34 % der Bevölkerung ehrenamtlich aktiv sind, das sind ca. 22 Millionen Menschen. Die Untersuchung hebt deutlich hervor, dass in der Personengruppe der 60 bis 70 Jährigen die Bereitschaft zum freiwilligen Engagement dem Bevölkerungsdurchschnitt entspricht (eine Veränderung in der Engagementbereitschaft lässt sich aus verschiedenen Gründen erst bei den über 70 Jährigen und Älteren verzeichnen. In der Regel erfolgt in dieser Lebensphase ein altersbedingter Rückzug). Hier gilt es demnach anzusetzen. Die Untersuchung belegt gleichzeitig, dass sich, wie auch bei allen anderen Altersgruppen, bei den älteren Menschen die Motive für ein ehrenamtliches Engagement im Zuge des Wertewandels der Gesellschaft verändert haben. Als Motive für ein freiwilliges Engagement benannten die befragten Senioren zu 86 % „etwas tun, was mir einen sinnvollen Lebensinhalt gibt“ und ebenfalls 86 % „etwas aktiv mitgestalten, von dem ich überzeugt bin, dass ich anderen Menschen dadurch Hilfe leiste“. 83 % antworteten „ich will etwas für mich und andere tun“ und 77 % äußerten, dass es ihnen wichtig sei, das Gefühl zu haben, in eine Gemeinschaft zu gehören. Deutlich wird an der Untersuchung eine Abkehr von Pflicht- und Akzeptanzwerten hin zu Selbstentfaltungswerten. Für sich und andere aktiv sein: eine solche Kombination bietet die besten Voraussetzungen, um auch im Alter aktiv zu werden.

In welchen Engagementbereichen ältere Menschen aktiv werden wollen, wird anhand der Untersuchung ebenfalls deutlich. 38 % der Befragten benannten den Bereich der kultur- und künstlerischen Aktivitäten, 27 % benannten die Bereiche Politik, öffentliche Ehrenämter, Interessenvertretung, 26 % soziales Engagement und generationsübergreifende Hilfen. Deutlich wird an den Ergebnissen die Vielfältigkeit der Engagementfelder, die sich auf alle Lebensbereiche orientiert.

c) Entwicklung in den Gewerkschaften

Die beschriebenen Phänomene stellen insbesondere die Großorganisationen wie Kirchen und Gewerkschaften vor neue Herausforderungen. Sie bieten in der Regel keine Engagementformen, wie sie heute von jüngeren und älteren Menschen gefordert werden, nämlich selbstbestimmt, mitgestaltend und ggf. auf Zeit sich auch an den eigenen Bedürfnissen orientiert zu engagieren. Gleichzeitig sind aber gerade diese Großorganisationen zunehmend auf freiwilliges Engagement angewiesen. Dies gilt nicht zuletzt auch für die Gewerkschaften. Hinzu kommt ein weiteres Phänomen: innerhalb der Gewerkschaften steigt die Zahl der älteren Mitglieder stetig an. Mittlerweile sind 18 % der Mitglieder der Gewerkschaften Ruheständler. Dazu kommen die Vorruheständler (insbesondere in den neuen Ländern) und viele ältere ArbeitnehmerInnen, die arbeitslos sind. Von daher stellt sich für die Gewerkschaften die Frage mit besonderer Vehemenz, wie sie mit diesen sich neu stellenden Herausforderungen umgehen und wie es gelingen kann, andere neue Formen des Engagement in der nachberuflichen Phase zu ermöglichen, die nicht nur auf ehrenamtliche Funktionärstätigkeiten hinauslaufen, sondern Teil der Initiativbewegung in der Kommune oder in der Region sind. Gewerkschaftsinterne Untersuchungen konstatieren darüber hinaus: nicht das Potential der Bereitschaft zum Engagement ist gesunken, sondern die Beteiligungsformen, die von den Gewerkschaften derzeit ermöglicht werden, werden den veränderten Orientierungen der Mitglieder, insbesondere auch der älteren Mitglieder, nicht mehr gerecht. Weder die Gewerkschaften noch die engagierten Funktionäre sind darauf eingerichtet, sich dieser neuen Situation zu stellen und entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Immer noch geschieht gewerkschaftliche Seniorenarbeit durch Funktionäre mit ihren gewohnten Verhaltensweisen - nicht offen, nicht werbend, nicht gestaltend.

Vor dem Hintergrund der drei benannten Entwicklungstendenzen - demographischer Wandel, Strukturveränderung des ehrenamtlichen Engagements, Entwicklung in den Gewerkschaften - möchte das Projekt die genannten Ziele erreichen und umsetzen.

 
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